www.bischofsburg.de
Liebevolle Erinnerungen an Bischofsburg und Großparleese

von Carla Lehmann, geb. Groß

Nachdem ich viele Anrufe von Leuten aus Deutschland, Amerika und der Schweiz erhielt, die den Bericht "Groß-Parleese" von Gerhard Paleschke bei www.bischofsburg.de gelesen haben, will ich mich endlich auch zu Wort melden. Mein Vater, Walter Groß, war von 1929 - 1945 Besitzer und Leiter des Leichtziegelwerkes Parleese (Acht Millionen-Werk). Außerdem von 1934 - 1945 Direktor der Ziegeleigenossenschaft in Königsberg. Der Hauptwohnsitz unserer Familie war in Königsberg. Alle Aufträge und Erneuerungen für das Parleeser Werk gingen über Königsberg. Natürlich hat mein Vater Betriebsleiter angestellt, die mit am Erfolg für das Lebenswerk meines Vaters arbeiteten. Übrigens war -entgegen der Darstellung im Bericht von Gerhard Paleschke- die Entlassung des langjährigen ersten Betriebsleiters nicht auf politischer Ebene zu suchen. Von unserer Großfamilie war niemand in der Partei oder dem Österreicher Hitler zugetan. 1939 wurde das Werk total modernisiert. Umbau der Öfen, Einbau einer Trockenanlage und Errichtung des Pressenhauses. Die Firma Bornkessel, Minden und Schmidheiny, Schweiz, bekamen den Zuschlag.

Wir vier Kinder waren in den Ferien und auch an Wochenenden bis zu 30mal im Jahr in Parleese, lernten dort reiten, kutschieren und den liebevollen Umgang mit Tieren. Alle vier konnten auch Kühe melken! Meine Erinnerung an die Heimat um Bischofsburg herum ist wunderschön. Trotz aller Verluste überwiegt die Dankbarkeit, daß ich "Heimat" so intensiv erleben durfte.

Während mein Vater versuchte, wie schon im ersten Weltkrieg, sein geliebtes Ostpreußen zu verteidigen, beide mal vergeblich -in Trakehnen wurde das Gut seiner Eltern niedergebrannt und Königsberg und Großparleese wurden Kriegsbeute von Russen und Polen- ging ich mit meinem Zwillingsbruder 1944 auf die Oberschule in Bischofsburg. Ich erinnere mich sehr gerne an meinen Schulfreund Ulli, aus Rössel.

Wir waren nun ganz nach Parleese gezogen, und das letzte Weihnachtsfest 1944 werde ich nie vergessen. Wir ahnten, es ist das letzte in der Heimat. Wir feierten zusammen mit unseren russischen Kriegsgefangenen. Meine Mutter hatte für alle festliche dunkle Anzüge besorgt, dafür landete sie beinahe im Gefängnis und wurde drei Tage auf einem Nachbargut versteckt. Wir sangen jeweils unsere Weihnachtslieder und unsere Gäste hatten einen Riesen-Holzstorch und selbstgebastelte Schachspiele als Geschenke mitgebracht.

Die Flucht Mitte Januar begann nur mit den Kleidern auf dem Körper und dauerte fast vier Monate. Der Abschied von Parleese war für mich u. a. der Abschied von den Pferden Hans, Robert, Max und Moritz, meiner Araberstute "Uschi" und Till, dem Trakehner. Was bleibt, sind die Erinnerungen an wunderschöne Pferde-Schlittenfahrten durch die Wälder und an den Duft der Heimat. Im Herzen ist das gespeichert, und für diese Erinnerung sage ich:
Danke!

Regensburg im September 2006

zur Übersicht