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Mein Bischofsburger
Großvater

Von Bernhard Zuralski

Ganz am Anfang meines Interesses an Bischofsburg stand ein Dokument aus den wenigen kriegsbedingt geretteten Habseligkeiten meiner Eltern. Im Auszug aus dem Geburtsschein meines Vaters stand als Geburtsort eben Bischofsburg, Kreis Rößel, Am Marktplatz No.4, Geburtsjahr 1894, Vater Dr. med.Valentin Zuralski. Ich stellte mir die Frage, was könnte wohl meinen Grossvater bewogen haben, aus dem heimatlichen Löbbau in Pommern und nach dem Studium der Medizin in Berlin nach Bischofsburg verschlagen zu sein. ehemals kath. Krankenhaus St. Josef, heute Biskupiecs Gymnasium Die Antwort bekam ich vor wenigen Wochen in einem Dokument vom Geheimen Staatsarchiv Preussischen Kulturbesitzes in Berlin, aus dem hervorging, dass der noch junge Arzt aus Berlin im Jahre 1886 den Auftrag der Bezirgsregierung in Königsberg erhielt "in Bischofsburg ein privates Krankenhaus mit Apotheke, die der katholischen Gemeinde gehören sollte, mit 44 Betten und 14-köpfigem Personal zu gründen". Als Zusatzaufgabe wurde er "zum Armenarzt mit dem Gehalt von 300 Mark ernannt".

Nun, diese Erkenntnisse waren Grund genug, die Stadt meines Grossvaters und Geburtsort meines Vaters sehen zu wollen. So habe ich den Weg in die Kreise der ehemaligen Bischofsburger gesucht und gerade noch Zeit gehabt, mich der diesjährigen Reise "Bischofsburger fahren nach Bischofsburg" anzuschliessen. Die Reise selbst war für mich ein grosses Erlebnis, so viele herzliche Menschen kennen zu lernen, an ihren Erinnerungen dort teilzunehmen, die unvergleichbare Seenlandschaft Masurens zu geniessen, aber auch viele heutige Bewohner dieser Stadt als Freunde zu treffen.

Errichtungsjahr des Bischofsburger Krankenhauses Das bewegte Programm der Bischofsburger in Bischofsburg hat mich aber nicht abhalten können, nach der Wirkungsstätte meines Grossvaters zu forschen. Und siehe da, eines der wenigen Gebäude, wie auch die Kirche St. Johannes, die der Zerstörung entgingen, war das Katholische Krankenhaus St. Josef, dessen Gründungsauftrag mein Grossvater im Jahre 1886 erhielt. An einer Ecke des dreistöckigen aus rotem Backstein errichteten Gebäudes, kann man das Errichtungsjahr 1887 lesen. Aus dem Archiv der kath. Gemeinde erhielt ich vom Probst Badura die originelle Satzung des Krankenhauses mit Unterschriften des Kirchenvorstandes und des Bischöflichen Ermländischen Generalvikariats. Viele von unseren polnischen Gesprächspartnern sind noch in diesem Krankenhaus nach dem Kriege geboren worden. Heute ist es der Sitz des neuen katholischen Gymnasiums zu Biskupiec, zur Zeit mit circa 100 Schülern. Die Schulleiterin Anna Zarosa, die neben Englisch auch Deutsch eingeführt hat, hofft, dass dies helfen wird, eine Schule in Deutschland als Partnerschule zu finden. Dies wäre auch für die Kinder der deutschen Minderheit aus der ganzen Region von Bedeutung.

Auch eine zweite Adresse aus den Dokumenten der Familie Zuralski hat die Vernichtungswelle der Ostfront überstanden, die Kirche St. Johannes. Hier wurden die beiden Kinder meines Grossvaters, Tante Irene im Jahre 1891 und mein Vater Thaddäus 1894 getauft.

drei Generationen Zuralski Die dritte Adresse, den Wohnsitz Am Marktplatz 4, konnte ich nur auf einem Foto aus der damaligen Zeit, das ich von einem dortigen Sammler erhielt, besichtigen. Die Westseite des Marktes, wie auch die Innenstadt, sind nach Zerstörung wieder schön aufgebaut worden, aber erinnern nicht mehr an die damalige Bauweise. Ergänzend sei noch erwähnt, dass mein Vater nach der dortigen Volksschule, am Königlichen Gymnasium in Danzig sein Abitur gemacht hat, dann wie mein Grossvater Medizin in Berlin und Königsberg studiert hat, und später als Prof. Dr. med. Thaddäus Zuralski Gynäkologie an der Universität Posen gelehrt hat und wie sein Vater auch ein Krankenhaus, allerdings ein eigenes, in Posen geführt hat. Zur dritten Generation von Ärzten kam es in der Familie nicht, da mir nach 4 Semestern Medizinstudium im nachkriegskommunistischen Polen durch den Staatssicherheitsdienst das Weiterstudieren unterbrochen wurde. Als die Zeiten sich dort gebessert hatten, führte mich mein Berufsinteresse über die Filmhochschule an das Medium Fernsehen, sowohl noch in Polen, wie dann weiter in Deutschland.

Mit den Bischofsburgern war ich aber nicht das letzte Mal in Bischofsburg, und da ist ja auch noch Wormditt, wo meine Mutter Agnes Paul geboren wurde.

Bernhard Zuralski, München, den 25.06.2001

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